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Lehrlinge gesucht! Lehrlingsmarketing in Südtirol – was geht, was fehlt?

Die Suche nach guten Lehrlingen ist auch in Südtirol längst kein Selbstläufer mehr. Während die Universitäten boomen und immer mehr Jugendliche ein Studium anstreben, wird es für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Land schwieriger, motivierte Nachwuchskräfte für eine Lehre zu gewinnen.

Aber: Es gibt sie noch – die jungen Talente! Man muss sie nur dort abholen, wo sie unterwegs sind – und das geht heute nicht mehr nur über ein Gespräch beim Dorffest oder ein Plakat im Schaufenster. In diesem Artikel werfe ich einen Blick auf den aktuellen Stand des Lehrlingsmarketings in Südtirol, zeige, was funktioniert, wo es hakt und welche Chancen noch ungenutzt sind.


💡 Was kann man in Südtirol überhaupt lernen?

Fangen wir bei den Basics an: Welche Lehrberufe gibt es in Südtirol überhaupt?

Insgesamt stehen derzeit rund 100 verschiedene Ausbildungsberufe zur Wahl – die meisten davon im Handwerk, der Industrie, der Landwirtschaft und vor allem in der Gastronomie. Letztere ist traditionell einer der größten Lehrlingsarbeitgeber im Land.

Das klingt zunächst einmal nach einer guten Auswahl, ist aber im Vergleich zu Deutschland oder Österreich doch eher überschaubar. Das liegt auch daran, dass viele Berufe in Südtirol nicht in Form der klassischen dualen Ausbildung (wie man sie etwa aus Deutschland kennt) angeboten werden – sondern teilweise nur schulisch oder im Ausland erlernt werden können.

Eine vollständige Übersicht zu den verfügbaren Berufen und aktuellen Lehrstellen gibt’s unter anderem bei:


🕗 Wann werden Lehrlinge eingestellt?

Die Lehrlingssuche läuft das ganze Jahr über, aber die heiße Phase beginnt bei den meisten Betrieben im Frühsommer – also rechtzeitig vor dem Ausbildungsstart im Herbst. Es lohnt sich aber, ganzjährig präsent zu sein, denn auch Spontanbewerbungen, Schulabbrecher oder Umorientierer sind wichtige Zielgruppen im Recruiting.


🔍 Und wie findet man jetzt junge Talente?

Jetzt wird’s spannend: Wie betreiben Südtiroler Unternehmen eigentlich Lehrlingsmarketing?

Tatsächlich ist die Auswahl an Kanälen und Plattformen noch ziemlich überschaubar. Aktuell gibt es vor allem zwei große Plattformen, die regelmäßig Ausbildungsstellen veröffentlichen:

  1. eJobLehrstellen der Abteilung Arbeit (Provinz Südtirol)
  2. AUBI-plus – ein überregionales Lehrstellenportal

Zusätzlich bieten auch Seiten wie suedtirolerjobs.it oder der Dolomitenmarkt Lehrstellenanzeigen an.

Aber: Nur auf Online-Plattformen zu setzen, reicht nicht (mehr). Jugendliche informieren sich heute über Social Media, YouTube, Influencer oder WhatsApp. Viele nutzen gar keine klassischen Jobbörsen mehr – oder wissen gar nicht, dass es sie gibt. Deshalb ist ein moderner Mix aus Kanälen gefragt.


🏫 Schulen sind der Schlüssel!

Ein oft unterschätzter, aber extrem wichtiger Kanal in Südtirol sind die lokalen Mittelschulen, Oberschulen und Landesberufsschulen. Wer hier frühzeitig Kontakte knüpft, ist klar im Vorteil.

Das können ganz unterschiedliche Aktionen sein:

  • Kooperationen mit Lehrpersonen
  • Praktikumsmöglichkeiten für Schüler*innen
  • Workshops oder Bewerbertrainings
  • Einladungen ins Unternehmen (z. B. „Lehrlingstag“)
  • Elternabende, bei denen Betriebe sich vorstellen

Vor allem persönliche Begegnungen – ob im Klassenzimmer oder im Betrieb – haben eine enorme Wirkung auf die Berufswahlentscheidung der Jugendlichen.


💵 Förderungen für Ausbildungsbetriebe

Ein großer Pluspunkt für Unternehmen in Südtirol (und ganz Italien): Es gibt staatliche Förderungen, wenn man Lehrlinge ausbildet.

Das italienische Arbeitsministerium hat dafür mehrere Millionen Euro bereitgestellt. Gefördert werden insbesondere Betriebe, die:

  • einen eigenen betrieblichen Ausbilder (Tutore aziendale) stellen,
  • Lehrlinge im Rahmen einer traditionellen Lehre ausbilden,
  • ein Diplom oder Berufsbildungsdiplom ermöglichen.

Der Beitrag beträgt bis zu 1.500 Euro pro Lehrling für sechs Monate – maximal also 3.000 Euro bei einem Jahr Ausbildung. Die Anträge wurden über die Plattform Italialavoro eingereicht – mittlerweile gibt es hier aber regelmäßig neue Ausschreibungen.

Wichtig: Förderungen sind oft zeitlich befristet – und viele Betriebe wissen gar nicht, dass sie überhaupt Anspruch darauf hätten.


❗Berufsschule in Südtirol – kein Kostenfaktor

Noch eine gute Nachricht: Der Besuch einer Berufsschule in Südtirol ist kostenlos.

Das Land Südtirol übernimmt außerdem große Teile der Unterkunfts- und Verpflegungskosten während der Schulphasen – zum Beispiel, wenn die Schule nicht am Wohnort liegt. Die Lehrlinge müssen sich allerdings mit einem kleinen Eigenanteil beteiligen.

In einigen spezialisierten Berufen findet der Berufsschulunterricht nicht in Südtirol, sondern in Österreich statt. Auch hier unterstützt das Land bei den entstehenden Kosten – ein echtes Plus für Betriebe und Auszubildende.


📣 Fazit: Lehrlingsmarketing in Südtirol – Luft nach oben, aber viel Potenzial

Südtirol steht im Lehrlingsmarketing noch am Anfang, was moderne Methoden und zielgruppengerechtes Recruiting betrifft. Aber: Das Fundament ist da – mit engagierten Betrieben, motivierten Jugendlichen und Unterstützungsangeboten von Land und Staat.

Was jetzt fehlt?

  • Mehr Sichtbarkeit auf Social Media
  • Mehr Mut zu unkonventionellen Maßnahmen (z. B. Influencer oder Azubi-Takeovers)
  • Mehr Kooperation mit Schulen und Eltern
  • Mehr Information über Förderungen und Berufsbilder

Denn klar ist: Nur wer sichtbar ist, wird auch gefunden. Und wer junge Menschen für seinen Beruf begeistern möchte, muss heute mehr bieten als eine Anzeige im Amtsblatt.

Foto: Maryia Plashchynskaya / Pexels.com

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