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Ausbildungsplätze ohne Azubis – warum 2023 Rekordzahlen schrieb

Im Beitrag »Warum uns Corona und die fehlenden Praktika jetzt einholen« haben wir die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Berufsorientierung von Jugendlichen thematisiert. Nun zeigt sich in Zahlen, wie gravierend die Situation auf dem Ausbildungsmarkt geworden ist: 2023 blieben bundesweit rund 73.400 Ausbildungsstellen unbesetzt. Dieser Beitrag beleuchtet die Hintergründe und Ursachen dieser Entwicklung.


Ein Rekordhoch an unbesetzten Ausbildungsplätzen

Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen erreichte 2023 ein Rekordhoch. Laut der Bundesagentur für Arbeit waren am 30. September 2023 noch 73.400 Ausbildungsplätze unbesetzt. Dies entspricht etwa 12,8 % des gesamten betrieblichen Ausbildungsplatzangebots (BIBB).

Im Vergleich dazu lag dieser Anteil 2010 bei lediglich 15 % (IAB). Trotz eines leichten Rückgangs im Jahr 2024 auf 12,8 % bleibt die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze auf einem hohen Niveau.


Branchen mit besonders hohen Besetzungsproblemen

Besonders betroffen von unbesetzten Ausbildungsplätzen sind bestimmte Branchen. Im Handwerk, insbesondere in Berufen wie Fleischer/in, Bäcker/in, Fachverkäufer/in im Lebensmittelhandwerk und Berufen in der Orthopädie- und Rehatechnik, blieben viele Ausbildungsplätze unbesetzt.

Auch in Bau- und baunahen Berufen, die überwiegend im Handwerk ausgebildet werden, gab es erhebliche Besetzungsprobleme.


Ursachen für die unbesetzten Ausbildungsplätze

Die Ursachen für die hohe Zahl unbesetzter Ausbildungsplätze sind vielfältig:

  • Fehlende Berufsorientierung: Wie bereits im vorherigen Beitrag erläutert, haben viele Jugendliche aufgrund ausgefallener Praktika während der Pandemie keine ausreichende Berufsorientierung erhalten.
  • Akademisierungstrend: Der Trend hin zu akademischen Abschlüssen führt dazu, dass weniger junge Menschen eine duale Ausbildung anstreben.
  • Regionale Unterschiede: In ländlichen Regionen gibt es oft weniger Ausbildungsplätze, während in städtischen Gebieten die Nachfrage das Angebot übersteigt.
  • Anforderungen der Unternehmen: Einige Unternehmen stellen hohe Anforderungen an Bewerber, die nicht immer mit den Qualifikationen der Jugendlichen übereinstimmen.

Auswirkungen auf die Fachkräftesituation

Die unbesetzten Ausbildungsplätze haben direkte Auswirkungen auf die Fachkräftesituation in Deutschland. Besonders in Berufen wie Pflege, Bauwesen und Handwerk entstehen Engpässe, die langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gefährden können.


Fazit

Die hohe Zahl unbesetzter Ausbildungsplätze im Jahr 2023 ist ein deutliches Signal für die Notwendigkeit, die Berufsorientierung von Jugendlichen zu stärken und die Attraktivität der dualen Ausbildung zu erhöhen. Nur durch gezielte Maßnahmen können die bestehenden Lücken auf dem Ausbildungsmarkt geschlossen und die Fachkräftesicherung in Deutschland langfristig gewährleistet werden.


Was jetzt passieren muss

Die Lage ist ernst aber nicht aussichtslos. Schulen, Betriebe und Politik können noch einiges tun:

1. Praktische Einblicke nachholen
Auch später noch Praktika, Schnuppertage oder Ferienjobs anbieten, denn jeder Tag zählt.

2. Berufsorientierung stärken
Projektwochen, Workshops und Mentoring-Programme können Jugendlichen helfen, Klarheit zu gewinnen.

3. Bewerbungsprozesse vereinfachen
Betriebe sollten Hürden abbauen: kürzere Bewerbungswege, digitale Formate oder direkte Ansprache von Schüler:innen.

4. Realistische Einblicke geben
Jugendliche müssen erfahren, wie ein Job wirklich aussieht, nicht nur auf Broschüren oder Webseiten.


Chancen statt Panik

Ja, die Zahlen wirken erst einmal alarmierend. Aber sie zeigen auch eine riesige Chance: Betriebe können heute aus dem Vollen schöpfen, wenn sie Jugendlichen Orientierung und Praxis bieten. Wer es schafft, jungen Menschen einen realistischen Einblick in den Beruf zu geben, gewinnt motivierte Azubis und vielleicht sogar lebenslange Fachkräfte.

Für die Schüler:innen bedeutet es: Wer jetzt die Initiative ergreift, Praktika nachholt oder Schnuppertage nutzt, kann sich aus der Masse hervorheben und den perfekten Ausbildungsplatz finden.


Quellen:

Foto von Vitaly Gariev / Pexels.com

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