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Ausbildung 2024: Wo geht’s hin?

Wenn man sich anschaut, was Ausbildung und Lehre in Deutschland, Österreich, Südtirol und der Schweiz im Jahr 2024 prägt, sieht man: Da tut sich einiges. Nicht alles ist neu, manches wird größer, manches kniffliger. Ich hab ein paar Trends gesammelt in den Bereichen Berufsorientierung, Recruiting/Azubi-Gewinnung, Ausbildungsmarketing und Ausbildungsqualität. Vieles lässt sich übertragen, manche Dinge sind regionalspezifisch.


Berufsorientierung: Früher & digitaler

  • Frühzeitiger Einstieg: In Deutschland wird Berufsorientierung verstärkt schon in der Schule gefördert – nicht erst kurz vor dem Abschluss. Es gibt Bestrebungen, Gymnasien mehr einzubeziehen, individuelle Förderung und Berufsorientierung früher auszubauen. (Bundesregierung.info)
  • Online & Social Media: Noch mehr Jugendliche nutzen das Internet, Suchmaschinen, YouTube, Instagram etc., um sich über Berufe zu informieren. Social Media spielt eine wachsende Rolle, auch wenn sie nicht der einzige Kanal sind.
  • Informationslücken & Unsicherheit: Viele SchulabgängerInnen wissen nicht, welcher Ausbildungsberuf zu ihnen passen könnte, manche schwanken zwischen Studium und Lehre.
  • Südtirol: Hier wird gezielt darauf gesetzt, das Image der Lehre zu stärken und junge Menschen durch Kampagnen wie „Generation H“ (Handwerk) anzusprechen. Auch Betriebspraktika ab Schulzeiten sind wichtig, damit junge Leute früh Berufsluft schnuppern können. (Südtirol News)

Recruiting von Azubis / Lehrlingen: Mehr Druck & neue Spielregeln

  • Kandidatenmarkt & unbesetzte Lehrstellen: In Deutschland gibt’s 2023/24 deutlich mehr unbesetzte Ausbildungsplätze und gleichzeitig mehr junge Interessierte, aber es klappt nicht immer, Angebot und Nachfrage zu matchen.
  • Hürden und Prozesse: Bewerbungsprozesse werden vielfach als langwierig oder intransparent kritisiert. Viele Azubi-Bewerbungen bleiben unbeantwortet („Azubi-Ghosting“). Das sorgt für Frust.
  • Niedrigere Hürden helfen: Viele Kommentare in Studien sagen: „Wenn die Bewerbung einfacher wäre, ich würde mich eher bewerben“. Weniger Formalia, kinderfreundlichere Verfahren, klare Anforderungsprofile sind gefragt.
  • Österreich: Der Fachkräftemangel beginnt bereits in der Ausbildung. Es gibt weniger Lehrlinge als früher, besonders in manchen Branchen; kleine und mittlere Betriebe (KMU) haben Schwierigkeiten beim Finden passender Lehrlinge. (hokify)
  • Schweiz: Lehrstellenmarkt bleibt insgesamt stabil. Es gibt über 41‘000 abgeschlossene Lehrverträge & eine kräftige Ausbildungsbereitschaft. (Nau)

Ausbildungsmarketing: Storytelling, Authentizität und digitale Tools

  • Employer Branding auch für Lehre: Unternehmen müssen zeigen, was Lehre „wert“ ist – wie Arbeitsalltag aussieht, wie das Betriebsklima ist, welche Perspektiven man hat. Testimonials von aktuellen oder ehemaligen Lehrlingen helfen.
  • Website & Mobiloptimierung: Die Unternehmensseite, Lehrstellenanzeigen, Karriereseiten müssen mobilfähig sein. Interaktive Tools, Videos, virtuelle Rundgänge sind im Kommen.
  • Digitales Marketing: Suchmaschinenoptimierung, Google Ads, Social Media – immer stärker eingesetzt. Aber noch gibt’s Firmen, die diese Kanäle kaum nutzen.
  • Authentizität & Transparenz: Azubis wollen wissen, worauf sie sich einlassen. Wenn der Alltag nicht dem Bild entspricht, das vorher gezeichnet wurde, knirscht’s.

Ausbildungsqualität: Mehr als nur Platz schaffen

  • Qualitätsdimensionen stärker im Blick: Ausbildung wird nicht mehr nur quantitativ gemessen (z. B. wie viele Plätze), sondern auch inhaltlich: Wie gut ist die Vorbereitung, wie modern sind die Inhalte, wie stark sind Theorie und Praxis verzahnt, wie steht’s mit Ausbilderkompetenz? (Institut der deutschen Wirtschaft (IW))
  • Fokus auf Förderung leistungsschwächerer Azubis: Viele Betriebe setzen spezielle Fördermaßnahmen für Azubis, die beim Einstieg nicht alle Voraussetzungen mitbringen.
  • Weiterbildung für AusbilderInnen: Damit die Ausbildung aktuell bleibt und sich an neue Anforderungen (Digitalisierung, Nachhaltigkeit, neue Technologien) anpasst, investieren Betriebe mehr in die Qualifizierung ihres Ausbildungspersonals.
  • Verzahnung mit Arbeitsmarkt & Nachbetreuung: In Südtirol etwa zeigen Daten, dass rund 65 % der AbsolventInnen ein Jahr nach Abschluss berufstätig sind – was ein guter Indikator dafür ist, wie eng Ausbildung und tatsächlicher Arbeitsmarkt verbunden sind. (arbeit.provinz.bz.it)

Besonderheiten je Region & Herausforderungen

  • Deutschland: Der demografische Wandel macht sich bemerkbar: weniger Schulabgänger, höhere Studierneigung. Dennoch steigt die Nachfrage nach dualer Ausbildung leicht. Aufgabe ist, freie Plätze zu besetzen und Ausbildungsangebote attraktiver zu machen.
  • Österreich: Rückgänge bei Lehrlingen, Fachkräftemangel, besonders in technischen und handwerklichen Berufen. Wichtig sind überbetriebliche Ausbildung, Kooperationen, und Anreize für Betriebe, auszubilden.
  • Schweiz: Stabilität im Lehrstellenmarkt, hohe Zufriedenheit bei vielen Auszubildenden (z. B. in kaufmännischen Ausbildungen). Aber Probleme bei Durchlässigkeit & Weiterbildungsförderung: viele möchten sich weiterqualifizieren, aber die Unterstützung (zeitlich, finanziell) durch Betriebe ist nicht immer gegeben.
  • Südtirol: Starke Verknüpfung mit Handwerk, Imagekampagnen, gute Beschäftigungsquoten ein Jahr nach Abschluss – das zeigt, dass Qualität und Anschluss funktionieren. Aber auch hier: Recruiting ist herausfordernd, wie in vielen Regionen.

Wohin geht’s? Handlungsmöglichkeiten & Ausblick

Basierend auf diesen Trends hier ein paar Ideen, was Unternehmen, Schulen, Behörden und sonstige Stakeholder tun können:

  1. Frühere & bessere Berufsorientierung: mehr Betriebspraktika, Schnupperwochen, Berufsinformation schon ab der Mittelstufe oder früher, digitales Berufsorientierungsangebot für Jugendliche und Eltern.
  2. Bewerbungsprozesse modernisieren: weniger Bürokratie, klarere Anforderungen, Feedbackkultur, Vermeidung von Ghosting – und schnelles Reagieren auf Bewerbungen.
  3. Digitale Tools stärker nutzen, aber mit Augenmaß: Websites, Social Media, virtuelle Einblicke, Chatbots, KI-Tools zur Berufsberatung. Dennoch wichtig: persönliche Begegnungen, Praktika, Lehrbetriebsbesuche.
  4. Ausbildungsqualität sichern & steigern: Ausbildungsmethoden weiterentwickeln (z. B. Projektarbeit, eigenverantwortliches Lernen), Ausbilderinnen & Ausbilder qualifizieren, spezielle Programme für diejenigen, die mit Defiziten starten.
  5. Image-Arbeit & Bewusstsein stärken: Die Lehre als gleichwertige Alternative zum Studium herausstellen, gute Beispiele sichtbar machen, Erfolgsgeschichten erzählen.
  6. Unterstützung & Rahmenbedingungen: Förderprogramme für Betriebe, die ausbilden; Unterstützung in der Ausstattung mit modernen Technologien; Kooperation Schule–Betrieb; flexiblere Zeitmodelle oder Teilzeitlösungen eventuell prüfen.

Bild von Artem Podrez / Pexels.com

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