2019 war ein Jahr, das etwas durchwachsen war: nicht spektakulär positiv, aber auch keine Krise. Einige Indikatoren verbesserten sich leicht, manche Dinge verschlechterten sich oder stagnierten. Wer verstehen will, wie der Ausbildungsmarkt tickte – hier ist der Überblick:
🔢 Wichtige Zahlen & Entwicklungen
Rückgang bei neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen
- Laut BIBB wurden 2019 insgesamt 525.100 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen.
- Das war 6.300 Verträge weniger als 2018, also ein Rückgang um etwa 1,2 %.
- Besonders betroffen: betriebliche Ausbildungen (also klassische Lehrbetriebe). Auch außerbetriebliche Ausbildungsverhältnisse (z. B. für benachteiligte Jugendliche, öffentlich geförderte Programme) sanken.
Angebot & Nachfrage – ein kaum verändertes Verhältnis
- Das Ausbildungsplatzangebot (also neu abgeschlossene Verträge plus unbesetzte Ausbildungsstellen) lag 2019 bei etwa 578.200 Stellen. Das ist etwas weniger als im Vorjahr.
- Die Ausbildungsnachfrage, das heißt junge Menschen mit Interesse an Ausbildung, sank ebenfalls – z. B. weil die Schulabgängerzahlen zurückgingen.
- Wichtig: Die Passungsprobleme – also wenn Stellen vorhanden sind, aber kein geeigneter Bewerber – haben sich leicht zurückentwickelt, also nicht besser, aber etwas weniger schlimm.
Unterschiede nach Regionen, Wirtschaftsbereichen & Geschlecht
- Industrie und Handel sind weiter die großen Anbieter von Ausbildungsplätzen. Das Handwerk liegt auch stabil da, obwohl es in manchen Regionen und Berufsfeldern große Schwierigkeiten hat, Azubis zu finden.
- Frauen haben 2019 weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen als Männer – der Anteil der Frauen sank leicht.
- Verträge mit verkürzter Ausbildungsdauer (z. B. wenn man schon Vorkenntnisse hat oder Leistung gut ist) machten etwa 14,6 % der neuen Verträge aus. Dieser Anteil war seit ein paar Jahren relativ konstant.
Probleme bei der Besetzung & Herausforderungen aus Sicht der Betriebe
- Viele Betriebe konnten nicht alle angebotenen Ausbildungsplätze besetzen. Ein Hauptgrund: keine passenden Bewerbungen.
- In manchen Branchen, insbesondere Dienstleistungs , Gastgewerbe oder körperlich/gewerblich orientierten Berufen, war das Problem besonders groß.
- Betriebe reagieren: durch verbessertes Ausbildungsmarketing, durch Öffnen neuer Bewerbergruppen (z. B. Studienabbrecher, Geflüchtete) und durch Angebote wie Praktika oder Einstiegsqualifikationen.
Sonstige Trends & Beobachtungen
- Der Anteil derjenigen, die trotz Studienberechtigung eine duale Ausbildung beginnen, ist stabil, wenn auch nicht stark zunehmend. Viele junge Leute schauen sich Alternativen zum Studium an – aber nicht in allen Regionen und Berufen sind diese Alternativen ausreichend sichtbar oder attraktiv.
- Themen wie Digitalisierung in der Ausbildung, Qualität der Berufsschulen und Zusammenarbeit zwischen Schulen und Betrieben wurden als wichtig erkannt – viele Betriebe wünschen sich Verbesserungen in diesen Bereichen.
📣 Was heißt das für Lehrbetriebe?
Jetzt wird’s konkret: Was können Lehrbetriebe aus diesen Entwicklungen lernen oder womit sollten sie sich befassen, um auch in Zukunft attraktive Ausbildungsplätze zu bieten und gute Azubis zu gewinnen?
Früh beginnen mit Bewerber:innen erreichen
- Da Schulabgängerzahlen sinken, wird der Wettbewerb um Azubis härter. Wer früh sichtbar ist (z. B. in Schulen, bei Berufsinformationsveranstaltungen, online), hat Vorteile.
- Zeigt, was Ausbildung bei euch heißt: Inhalte, Perspektiven, Alltag. Nicht nur „Lehre xyz gesucht”, sondern: „Was drin ist, wie man sich entwickeln kann.”
Anforderungen überdenken & flexibler sein
- Manche Betriebe verlangen sehr hohe Schulabschlussvoraussetzungen oder Kompetenzen, die viele junge Menschen nicht mitbringen. Manchmal lohnt es sich, offen zu sein für Potential, nicht nur formale Qualifikation.
- Verkürzte Ausbildungen sind eine Option – oder Angebote wie Einstiegsqualifikationen, wenn der Bewerber nicht alles erfüllt, aber bereit ist zu lernen.
Neue Zielgruppen erschließen
- Studienabbrecher, Jugendliche mit Migrationshintergrund, Geflüchtete – viele Betriebe versuchen, hier zu rekrutieren. Es braucht passende Unterstützungsangebote, auch ggf. Sprachförderung.
- Kooperationen mit Schulen, z. B. Praktika oder Projekte, können helfen, Jugendliche früh zu gewinnen und ihnen zu zeigen, wie der Betrieb „tickt”.
Qualität & Zusammenarbeit ausbauen
- Gute Berufsschulangebote, gute Zusammenarbeit von Schule / Betrieb / Politik sind wichtig. Wenn Ausbildung praxisnah ist, mit modernen Methoden, auch digital, wirkt sie attraktiver.
- Feedbackkultur: Ausbildende, die gute Betreuung bieten, ansprechbar sind, machen die Ausbildung lebenswerter – das wirkt sich auf Motivation und auch darauf aus, ob Azubis bleiben oder abbrechen.
Image & Sichtbarkeit
- Ausbildung muss als attraktive Option kommuniziert werden. Nicht zuletzt, weil viele junge Leute (und Eltern) das Studium als „sicherere“ oder prestigeträchtigere Alternative sehen. Wer zeigen kann: „Lehre bei uns bietet gute Karrierechancen, gutes Einkommen, sicherer Job”, der überzeugt.
- Auch Social Media, Webauftritt, Erfahrungsberichte von Azubis – all das hilft.
🎯 Fazit: 2019 war kein Durchbruch – aber auch kein Abstieg
Alles in allem war 2019 ein Jahr, in dem sich der Ausbildungsmarkt stabilisierte, aber nicht spektakulär aufwärts ging. Die Rückgänge bei Neuverträgen waren moderat. Die Probleme, die es schon länger gibt – Passungsprobleme, Regionen mit wenigen Bewerbern, Anforderungen, die nicht immer den Realitäten entsprechen –, die blieben bestehen, aber nicht schlimmer als vorher.
Für Lehrbetriebe heißt das: Vorsichtiger Optimismus. Wer sich anpasst, sichtbar ist, offen bleibt für neue Zielgruppen und Wert auf Qualität in der Ausbildung legt, wird auch künftig gute Lehrlinge bekommen. Wer stillhält, riskiert, dass Ausbildungsplätze offen bleiben oder gute Bewerber:innen weglaufen.
Zahlen-Quellen: BIBB, DIHK, IHK
Foto von Marta Klement / Pexels.com
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