Vor ein paar Jahren war Google for Jobs in Deutschland eine echte Perspektive, vor allem für junge Leute, die einen Ausbildungsplatz suchen. Die Idee war simpel, aber mächtig:
- Unternehmen und Ausbildungsbetriebe stellen ihre Azubi-Stellen auf Jobportalen oder der eigenen Website ein.
- Google crawlt diese Stellen, erkennt sie als Ausbildungsstellen, zeigt sie prominent in den Suchergebnissen an, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (z. B. Angaben zu Ausbildungsberuf, Ablauf, Vergütung).
- Jugendliche geben in Google „Ausbildung + Ort“ ein und bekommen passende Angebote angezeigt, ohne erst zig Portale durchsuchen zu müssen. Schneller, direkter. So zumindest in der Theorie.
Das klang klasse. Und für gewisse Regionen und Berufsrichtungen hat das auch funktioniert. Aber in den letzten ~15 Monaten häufen sich Beobachtungen, dass Google for Jobs im Ausbildungsbereich zunehmend schwächelt – besonders regional. Ich will hier ein bisschen auf die Stolpersteine schauen.
🔎Was sich verschlechtert hat
1. Regionale Treffer sind rar geworden
Ehemals, wenn man z. B. „Ausbildung + Stadtname“ gesucht hat, kamen lokale Ausbildungsangebote von der Firma nebenan, aus der Region, auch wenn sie überall auf Jobportalen zu finden sind. Heute scheint das weniger oft zu klappen. Man bekommt entweder überregionale Angebote oder gar keine, obwohl technisch alles vorhanden wäre:
- Die Stellenanbieter haben die technischen Schnittstellen (sitemap, JobPosting-Schema, etc.).
- Auf den großen Ausbildungsportalen sind regionale Angebote zahlreich.
- Trotzdem: in Google for Jobs kommen diese regionalen Angebote oft nicht vor.
Warum? Mögliche Gründe:
- Google könnte die örtliche Relevanz schlechter bewerten oder stärker aggregieren, so dass Feintuning (Ort, Postleitzahl) nicht mehr so stark durchkommt.
- Vielleicht haben viele Ausbildungsbetriebe ihre Anzeigen nicht mehr so sauber nach Schema.org etc. markiert, sodass Google sie nicht erkennt.
- Oder Google priorisiert andere Inhalte, vielleicht weil Jobs in die Navigation, Bilder, Videos oder Multimedia-Angebote geschoben wurde und die klassische „Jobs“-Sektion weniger sichtbar ist.
2. Jobsuche rutscht unter die Navigation und wird „visueller“
Es gibt den Eindruck, dass Google Jobs in der Ergebnisanzeige nicht mehr so prominent steht wie früher. Stattdessen:
- Mehr visuelle Elemente (Bilder, Videos)
- Multimedia-Pills, Vorschläge etc., die Nutzer erst mit Scrollen oder Klick entdecken
- Platzierung weiter unten oder eingebettet, so dass Nutzer oftmals vorbei scrollen, ohne zu merken: Da sind Ausbildungsanzeigen dabei.
Das schwächt die Sichtbarkeit, gerade für kleinere Betriebe, die nicht ohnehin schon eine starke SEO-/Marketing-Power haben.
3. „Pills“ und externe Fake- / Schattenportale
Ein besonders ärgerlicher Trend: Viele der Jobs-Anzeigen in den sogenannten Pills (den kleinen Karusellen oder Vorschlags-Schaltflächen unterhalb oder oberhalb der Suchergebnisse) verweisen auf Portale wie jobg8, fox8 Jobs, Woman for hire, kget Jobs, Move Collective Jobs, Valley Central Jobs, Salute Jobs, WDTN Jobs etc.
Probleme damit:
- Viele dieser Portale erscheinen nicht seriös oder professionell. Die Stellen sind oft gar nicht mehr verfügbar, wenn man draufklickt: Fehlleitung, toter Link, veraltete Anzeige.
- Die Pills (weitere Verlinkungen in einer Anzeige) verlinken nicht selten auf Wettbewerber statt auf die Originalfirma. Beispiel: Suche nach „Verkäufer Unternehmen X“ – in den Pills: nicht die Seite von Unternehmen X, sondern Angebote von Unternehmen A, B, C, D aus der Region. Das heißt: Man verliert Sichtbarkeit an Konkurrenz.
- Das führt dazu, dass Ausbildungsbetriebe, die sich Mühe geben, technisch und inhaltlich alles richtig zu machen, weniger profitieren und oft müssen sie Anzeigen melden, damit Google sie löscht oder korrigiert.
4. Qualität und Aktualität leiden
Weil externe Portale oft Anzeigen aggregieren oder übernehmen, ohne sie nachzuprüfen, kommen Fälle vor, wo:
- Jobs angezeigt werden, obwohl sie längst besetzt sind
- Anzeigen unvollständig sind: keine Vergütungsangaben, keine Details zur Ausbildung, kein Hinweis auf Ausbildungsdauer etc.
Google filtert solche Anzeigen teils heraus oder bewertet sie schlechter aber Nutzer sehen sie oft trotzdem, was Frust erzeugt. Und Ausbildungsbetriebe sehen durch solche schlechten Beispiele, dass Google weniger vertrauenswürdig wirkt.
💡Warum ist das relevant? (und wem schadet es am meisten)
Ausbildungsbetriebe, insbesondere kleine und mittlere in ländlichen oder kleineren Städten, leiden am stärksten:
- Wenn lokale Stellenanzeigen nicht sichtbar sind, fällt es schwer, lokale Bewerber zu erreichen.
- Junge Leute, die „nur Google“ nutzen, verpassen dann Angebote vor Ort. Sie glauben vielleicht, es gäbe keine Ausbildungsstelle, obwohl viele existieren.
- Reputation von Google for Jobs kann darunter leiden, wenn Nutzer oft auf Anzeigen stoßen, die ins Leere führen oder nicht mehr aktuell sind.
Für Nutzer / Azubis:
- Frustfaktor steigt, wenn viele angezeigte Jobs „bereits vergeben“ sind oder Verlinkungen zu fremden Anzeigen führen.
- Vertrauen schwindet.
Für Google:
- Wenn Nutzer nicht mehr überzeugt sind, dass Google Jobs zuverlässig ist, könnten sie andere Plattformen bevorzugen.
- Anbieter könnten aufhören, Anzeigen sauber nach Schema einzurichten, wenn der Aufwand größer erscheint als der Nutzen.
⚙️Ursachen: Spekulationen und Tatsachen
Ein paar mögliche Gründe, warum sich die Entwicklung so verschlechtert hat, ein Mix aus technischer, organisatorischer und marktlicher Faktoren:
- Algorithmus-Änderungen
Google ändert laufend, wie es Resultate gewichtet: Personenrelevanz, Aktualität, lokale Nähe, Nutzerverhalten. Wenn neuere Versionen stärker Faktoren wie Multimedia oder „Content-Vielfalt“ priorisieren, kann das klassische Jobanzeigen-Setup benachteiligt sein. - Überangebot und Aggregatoren
Viele Portale und Aggregatoren, die Stellen übernehmen oder spiegeln (teilweise schlecht gepflegt). Diese Aggregatoren füttern Google, wodurch alte Anzeigen oder minderwertige Kopien in der Sichtbarkeit auftauchen. - Technische Probleme bei den Stellenanbietern
Wenn Schema.org Markup, strukturierte Daten, sitemaps, regelmäßige Updates etc. nicht korrekt oder aktuell gepflegt sind, erkennt Google die Anzeige vielleicht gar nicht als Berufsausbildung oder lokal. - Kommerzielle Interessen
Möglich, dass Google Ads oder bezahlte Inhalte / Partnerschaften stärker gewichtet werden – indirekt oder direkt. Anbieter mit Werbebudget haben bessere Chancen, gesehen zu werden. - Nutzerverhalten
Vielleicht scrollt man nicht mehr so weit, greift mehr auf Vorschläge („Pills“) und vorgeschlagene Inhalte zurück, anstatt bewusst nach Ausbildungsanzeigen zu suchen.
📱Eingestellte Tools bei Google und Zusammenhang zur Qualität
Google hatte in der Vergangenheit Projekte/Tools, die in die Richtung Recruiting / Job-Matching gingen, die aber eingestellt wurden. Das könnte durchaus Einfluss auf Qualität und Weiterentwicklung haben. Hier sind ein paar Beispiele und Gedanken:
Google Hire (ATS)
- Google Hire war eine Bewerbermanagementsoftware (Applicant Tracking System – ATS), gestartet für Klein- und Mittelunternehmen, auch in Deutschland. Personalmarketing & Recruiting
- Google kündigte 2019 an, dass Hire ab September 2020 eingestellt wird.
- Die Idee war: Unternehmen könnten Bewerbungen komplett über dieses Tool managen, Jobs schalten, Bewerber tracken etc. Das hätte helfen können, die Prozessqualität und Aktualität der Stellenanzeigen zu verbessern. Wenn diese Infrastruktur nicht da ist, bleibt vieles an den Unternehmen hängen und da gibt es große Unterschiede in Know-how, Ressourcen etc.
Ads for Jobs / Google Ads Recruiting
- Es gab Hinweise darauf, dass Google in verschiedenen Märkten bzw. Konzepten mit Jobs/Recruiting-Ads experimentierte. Manche Artikel sprachen von Google Ads Recruiting Kampagnen oder speziellen Einstellungsanzeigen in Google Ads.
- Wenn solche Produkte nicht weiterverfolgt werden oder nicht in allen Regionen unterstützt sind, fehlt der Anreiz für Google, Features oder Algorithmen speziell für Ausbildung oder regionale Sichtbarkeit zu optimieren.
Entlassungen im Recruiting-Team & Verlangsamung bei Google
- In einigen Google-Einheiten gibt es Berichte über Stellenabbau, z. B. dass Google sein Recruiting-Team reduziert bzw. weniger neue Mitarbeiter einstellt.
- Wenn Google weniger Ressourcen hat, um z. B. manuelle Qualitätssicherung, Spam-Filtern, Verlinkungsprüfungen oder Support für Entwickler/Unternehmen zu betreiben, könnte das dazu führen, dass weniger fehlerhafte oder inaktive Angebote entfernt werden oder dass neue Verbesserungen langsamer kommen.
🛠️Was müsste passieren, damit Google for Jobs im Ausbildungsbereich wieder zuverlässig funktioniert
Hier ein paar Ideen – meines Erachtens machbar, wenn Google und Ausbildungsanbieter zusammenarbeiten:
- Mehr Transparenz & Kontrolle über die Verlinkungen in Pills
Google sollte gewährleisten, dass die Links auf die Originalquelle oder Betriebe zeigen, nicht auf Wettbewerber oder unseriöse Portale. Und dass veraltete Angebote gelöscht werden. - Besseres Ranking für regionale Relevanz
Ort, Nähe, Postleitzahl etc. stärker gewichten, sodass Angebote aus dem unmittelbaren Umfeld eher angezeigt werden. - Verlässlichkeit & Aktualität prüfen**
Anzeigen, die älter sind, nicht gepflegt wurden, sollten automatisch auf „veraltet“ gesetzt werden oder ganz raus. Oder zumindest gekennzeichnet werden. - Technische Hilfen für kleine Ausbildungsbetriebe
Viele kennen Schema.org etc. nicht im Detail – Schulungen, Checklisten, Tools, damit ihre Stellenanzeigen Google-kompatibel sind. - Feedback-Mechanismen verbessern**
Wenn Nutzer oder Betriebe melden, dass Anzeigen nicht mehr existent oder falsch sind, sollten die Korrekturen sichtbar schneller erfolgen. - Sichtbare Platzierung sichern
Zum Beispiel durch dedizierte Abschnitte in der Suche, die Ausbildungsplätze hervorheben, ohne dass sie in großen Multimedia-Paneelen „untergehen“.
🎯Fazit
Google for Jobs war und ist eine gute Idee, vor allem für Azubi-Suchen: schnell, zentral, potenziell sehr sichtbar. Aber aktuell gibt’s wohl eine Negativentwicklung: Regionale Angebote tauchen seltener auf, Qualität und Aktualität leiden, externe Ports mit minderer Qualität und veralteten Jobanzeigen sind häufig vertreten, und Nutzer erleben öfter Frust.
Wenn nichts geschieht, droht, dass Google für viele Azubi-Suchende nicht mehr die zuverlässigste Quelle ist – und Ausbildungsbetriebe, besonders außerhalb der Metropolen, verlieren Sichtbarkeit und Bewerbungen.
Foto von AS Photography / Pexels.com
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